Zurzeit wird eine Diskussion über den Wert und Nutzen der Bestimmung des PSA-Wertes im Rahmen der Prostatakrebsfrüherkennung geführt.
Daher fühlen sich viele Männer verunsichert ob sie den PSA-Wert weiter bestimmen lassen sollten.
Wir möchten Ihnen mit der folgenden Patienteninformation der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. und des Berufsverbandes der Deutschen Urologen e.V. eine Orientierungshilfe geben:
Eine Patienteninformation der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. und des Berufsverbandes der Deutschen Urologen e.V.
(Verantwortlicher Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. Uerdinger Str. 64 40474 Düsseldorf, Redaktion und Produktion: Prof. Dr. Oliver Hakenberg Generalsekretär Prof. Dr. Sabine Kliesch Ressort Öffentlichkeitsarbeit, Ausgabe: 3/2014)
Mit rund 65.000 Neuerkrankungen am Prostatakrebs pro Jahr in Deutschland ist der Prostatakrebs bei uns die häufigste Tumorart des Mannes und die dritthäufigste Tumorart, die zum Tode führt. Etwa 12.000 Männer sterben jedes Jahr in Deutschland an Prostatakrebs. Prostatakrebs tritt meist, aber nicht immer, in der Altersgruppe der über 60-Jährigen auf. Oft - aber auch nicht immer - ist das Wachstum von Prostatakrebs eher langsam. Deshalb führt Prostatakrebs auch unbehandelt nicht immer zum Tod. Viele sehr alte Patienten sterben nicht „am", sondern „mit" einem Prostatakrebs. Bei früher Erkennung ist Prostatakrebs aber in über 70% aller Fälle durch Behandlung heilbar. In fortgeschrittenem Stadium bildet der Tumor häufig schmerzhafte Knochenmetastasen und ist dann auch nicht mehr heilbar. Deshalb empfehlen die Deutsche Gesellschaft für Urologie und der Berufsverband der Deutschen Urologen eine Früherkennungsuntersuchung für Prostatakrebs durch Tastuntersuchung und Bestimmung des PSA-Wertes bei Männern ab dem 45. Lebensjahr.
Für jeden Mann stellt sich im Laufe des Lebens die Frage, ob er eine Früherkennungsuntersuchung für Prostatakrebs in Anspruch nehmen will oder nicht. Die öffentliche Diskussion um Tastuntersuchung und PSA-Test ist sehr widersprüchlich und erschwert heute diese Entscheidung. Die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Urologie und der Deutschen Krebsgesellschaft in der „Interdisziplinären Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostata-karzinoms", im Folgenden kurz „S3-Leitline Prostatakrebs" genannt, sind aber eindeutig.
PSA (Prostata-spezifisches Antigen) ist ein Protein, das die Prostatadrüsen bilden. Es kann im Blut nachgewiesen und gemessen werden. Die Höhe des PSA-Wertes im Blut steigt mit zunehmendem Alter geringfügig an, sie ist deutlich erhöht bei akuten Entzündungen der Prostata und mäßig bis stark erhöht, wenn ein Prostatakrebs vorliegt. Die Bestimmung des PSA-Wertes im Blut kann also auf das Vorliegen eines Prostatakrebses hinweisen, aber es gibt auch andere Faktoren, die zu einer mäßigen PSA-Erhöhung führen können. Daher ist die PSA-Messung allein meist nicht aussagekräftig genug, um eine Diagnose zu stellen. Die Höhe des PSA-Wertes zusammen mit der Tastuntersuchung, der Berücksichtigung der Prostatagröße, möglicher Infektionen und dem Alter des Patienten lassen aber Rückschlüsse darauf zu, ob eine größere Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Prostatakrebs vorhanden ist und ob eine Gewebeprobe durchgeführt werden sollte, um diesen Verdacht zu bestätigen oder auszuräumen. Die Tastuntersuchung der Prostata durch den Enddarm allein entdeckt Prostatakrebs zuverlässig nur in den Bereichen der Prostata, die dem Darm benachbart sind, und erst ab einer gewissen Größe von mindestens ca. 1 cm. Eine PSA-Untersuchung kann wertvolle zusätzliche Hinweise auf das Vorliegen eines Prostatakrebses geben. Durch die Kombination von Tastuntersuchung und PSA-Bestimmung werden mehr Prostatakrebserkrankungen in einem Frühstadium entdeckt, als durch die Tastuntersuchung allein. Ein Prostatakrebs, der in einem frühen Stadium festgestellt wird, kann mit größerer Aussicht auf völlige Heilung behandelt werden.
Die PSA-Untersuchung bei Männern, die keine Beschwerden haben, die also „nur" zur Früherkennung durchgeführt wird, wird in Deutschland von den Krankenkassen nicht bezahlt. Da von den meisten urologischen Experten die PSA-Bestimmung aber zur Prostatakrebsfrüherkennung empfohlen wird und diese Untersuchung deshalb in urologischen Praxen angeboten wird, muss diese vom Patienten selbst bezahlt werden. Kritiker der PSA-Untersuchung werfen den Urologen vor, sie wollten damit „nur Geld machen". Der zweite Diskussionspunkt ist komplizierter. Weil gerade die Früherkennung mit PSA-Bestimmung und Tastuntersuchung mehr Frühstadien des Prostatakrebses entdeckt, wird von den Kritikern des PSA-Testes angeführt, dabei würden viele kleine Prostatakrebse entdeckt, die eigentlich gar nicht behandelt werden müssten (Stichwort „Überdiagnose"). Dazu wird der Vorwurf erhoben, die Urologen und Strahlentherapeuten würden dann viel zu viele Männer mit Prostatakrebs operieren oder bestrahlen, obwohl diese eigentlich keine Behandlung brauchten und ohne den PSA-Test gar nicht in diese Situation gekommen wären (Stichwort „Übertherapie").
Die Diskussion von „Übertherapie" und „Überdiagnose" ist relativ kompliziert. Tatsächlich werden durch kombinierten PSA-Test und Tastuntersuchung mehr kleine Prostatakrebse diagnostiziert und tatsächlich bedürfen nicht alle diese Männer einer Therapie durch Operation oder Bestrahlung. Die „Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms", die von der Deutschen Gesellschaft für Urologie und der Deutschen Krebsgesellschaft erarbeitet wurde, empfiehlt daher ausdrücklich, dass bei Feststellung eines Prostatakrebses unter Berücksichtigung aller Faktoren (Art und Ausmaß des Prostatakrebses, PSA-Wert, Tastbefund, Alter und Gesundheitszustand und Wunsch des Mannes) auch eine Nicht-Behandlung unter regelmäßiger Kontrolle als vernünftige Alternative besteht. Dies ist dann möglich, wenn es unwahrscheinlich erscheint, dass dieser Prostatakrebs das Leben des betroffenen Mannes bedrohen wird. Diese Form der Behandlung nennt sich entweder „Aktive Überwachung" oder „Zuwartende Beobachtung".
Damit ist gemeint, dass Männer mit kleinen, wenig aggressiven Prostatakrebserkrankungen operiert oder bestrahlt werden, und möglicherweise Nebenwirkungen oder Komplikationen der Behandlung erleiden, obwohl sie eigentlich keine Therapie gebraucht hätten. Wer aber braucht eine Therapie? Dies ist ein Kernpunkt der Diskussion. Gegenwärtig werden der Differenzierungsgrad des Prostatakrebses in der Gewebeprobe und das Ausmaß des Prostatakrebses (Anzahl der Proben, in denen Krebs nachgewiesen wurde) als Kriterien herangezogen. Diese Kriterien sind nicht perfekt, nach dem gegenwärtigen Stand des medizinischen Wissens aber die besten, die wir haben. Behandelt werden sollten Prostatakrebse, wenn sie aggressiv sind und eine deutliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie weiter wachsen und sich im Körper ausbreiten werden. Dann sollte tatsächlich operiert oder bestrahlt werden. Mit den anerkannten Optionen „Aktive Überwachung" oder „Zuwartende Beobachtung" haben die medizinischen Fachgesellschaften ein Mittel geschaffen, um Übertherapie möglichst zu vermeiden.
„Aktive Überwachung" (active surveillance) ist ein Konzept, bei dem aufgrund der geringen Ausdehnung und Aggressivität des Prostatakrebses zunächst keine aktive Therapie durchgeführt wird. Stattdessen wird anhand von regelmäßigen PSA-Kontrollen und Gewebeentnahmen aus der Prostata geprüft, ob der Tumor tatsächlich wächst. Ist das nicht der Fall, dann erfolgt keine Behandlung; wird aber Wachstum festgestellt, wird zur Operation oder Bestrahlung geraten. „Zuwartendes Beobachten" (watchful waiting) kommt für deutlich ältere Männer in Frage, bei denen aufgrund ihres Lebensalters oder ihrer Begleiterkrankungen eine Therapie nicht sinnvoll erscheint. Erst wenn der Tumor möglicherweise Beschwerden verursacht, erfolgt eine Behandlung, die dann in der Regel eine Hormontherapie sein wird.
Ob es sinnvoll ist, eine Früherkennung bei allen Männern zu machen, ähnlich wie bei der Früherkennung des Brustkrebses durch das Mammographie-Screening, wird ebenfalls sehr kontrovers diskutiert. Screening bedeutet in dem Fall, dass Männer aktiv durch Aufklärung und bundesweite Werbemaßnahmen zur PSA-Testung aufgefordert werden. Dies ist in Deutschland nicht der Fall. Es gibt zum PSA-Screening zwei große wissenschaftliche Studien, die unterschiedlich interpretiert werden können und auch unterschiedliche Ergebnisse zeigen. Das wesentliche Kriterium in diesen wissenschaftlichen Studien für den Erfolg oder Misserfolg eines PSA-Screening ist, ob die Männer, bei denen ein Prostatakrebs entdeckt wird, am Prostatakrebs oder an anderen Todesursachen versterben. Dahinter steht die Überlegung, dass viele Männer, bei denen Prostatakrebs festgestellt wird, bereits in einem höheren Lebensalter sind, und sie trotz eines Prostatakrebses, der meist langsam wächst, an Altersschwäche oder anderen Ursachen versterben, aber nicht am Prostatkrebs.
Das Argument, dass manche Männer nicht „am, sondern mit einem Prostatakrebs sterben" wird häufig herangezogen, um jegliche Früherkennung beim Prostatakrebs schlecht zu reden. Das ist aber falsch. Aus Obduktionsstudien älterer Männer weiß man, dass viele über 70 Jahre alte Männer kleine Prostatakarzinome haben, von denen sie aber zu Lebzeiten nichts wussten. Daraus zu folgern, alle Prostatakrebse seien harmlos, ist wissenschaftlich nicht haltbar und unsinnig. Jährlich werden rund 65.000 Männer in Deutschland neu mit einem Prostatakrebs diagnostiziert und jedes Jahr versterben in Deutschland über 12.000 Männer an Prostatakrebs. Dies bedeutet, dass jeder fünfte Mann, bei dem ein Prostatakrebs festgestellt wird, auch daran verstirbt. Das Sterben „am Prostatakrebs" ist aber nicht das einzige, was passieren kann. Ein Mann mit einem Prostatakrebs, der wächst und sich langsam im Körper ausbreitet, wird dann oft Symptome entwickeln, Knochenschmerzen aufgrund von Metastasen zum Beispiel, die behandelt werden müssen. Es resultiert dann nicht selten ein jahrelanger Krankheits- und Leidensweg. Auch wenn dieser Mann dann tatsächlich nicht „am Prostatakrebs" stirbt, sondern aus anderen Gründen, dann hat er trotzdem an der Prostatakrebserkrankung sehr zu leiden gehabt. Die Sichtweise, dass nur der Tod „am Prostatakrebs" bei der Betrachtung des Problems von Bedeutung sei, ist also eindeutig falsch. Daher ist es auch nicht sinnvoll, bei wissenschaftlichen Studien zum Prostatakrebs immer nur dieses eine Kriterium, das der Sterblichkeit am Prostatakrebs, anzuwenden und als Argument gegen eine frühe Diagnose des Prostatakrebses zu benutzen.
Sicher ist, dass PSA-Früherkennung die Sterblichkeit am Prostatakrebs senken kann. Das belegen zumindest die vorläufigen Ergebnisse der europäischen PSA-Screening-Studie. Die bisherige Datenlage aus Studien lässt es aber noch nicht zu, Nutzen und möglichen Schaden der Früherkennung beim Prostatakrebs endgültig zu beurteilen, weil diese Studien eine Laufzeit von mindestens 15 Jahre benötigen, um klare wissenschaftliche Ergebnisse liefern zu können. Tatsächlich wird aber zurzeit in keinem Land der Welt ein flächendeckendes PSA-Früherkennungsprogramm empfohlen. Aber es ist auch wichtig zu wissen, dass die Sterblichkeit am Prostatakarzinom insgesamt deutlich abgenommen hat, seit es die PSA-Testung gibt (in Deutschland um 20%, in den USA um 35%).
Die Deutsche Gesellschaft für Urologie und der Berufsverband der Deutschen Urologen empfehlen, dass sich jeder Mann informiert und von seinem Urologen beraten lässt, welche Vorteile und möglichen Nachteile eine Prostata-krebsfrüherkennung mit Tastuntersuchung und PSA-Test haben kann, bevor er sich für oder gegen eine Früherkennungsuntersuchung entscheidet. Die Fachgesellschaft und der Berufsverband unterstützen diese Entscheidung jedes einzelnen Mannes mit fundiertem Informationsmaterial auf der Grundlage des Standes der Wissenschaft. Weitere Informationen sind erhältlich über die im Internet verfügbare S3-Leitlinie zum Prostatakrebs sowie über den Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. (BPS).
Es können als Komplikation der Gewebeentnahme Fieber und Schüttelfrost auftreten, eine antibiotische Behandlung oder sogar ein Krankenhausaufenthalt können notwendig sein.
Als Folge der Behandlung eines Prostatakrebses durch Operation können eine Schließmuskelschwäche mit Inkontinenz und/oder eine Impotenz auftreten. Als Folge der verschiedenen Formen der Bestrahlungsbehandlung eines Prostatakrebses können Reizungen und Blutungen aus Harnblase und Darm, Schwierigkeiten beim Wasserlassen sowie eine Impotenz auftreten.
Bei einer „aktiven Überwachung" kann der Zeitpunkt, wann eine Behandlung tatsächlich notwendig ist, verpasst werden und trotz Behandlung resultiert keine Heilung mehr.
Umfassende Aufklärung leistet die Patfentenleitlinie „Früherkennung von Prostatakrebs. Eine Information für Männer"
http://www.krebsgesellschaft.de/download/patientenleitlinie_pca_frueherkennung_2012.pdf
Diese Patientenleitlinie basiert auf der „Interdisziplinären Leitlinie der Qualität S3 zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms" und wurde von Experten der Deutschen Gesellschaft für Urologie und des Bundesverbandes der Prostatakrebs Selbsthilfe erstellt.
Ihre Urologin/Ihr Urologe ist als Ansprechpartner kompetent und wird Sie beraten. Über die „Urologensuche" im Internet finden Sie unter www.urologenportal.de eine Urologin/einen Urologen in Ihrer Nähe. Beratung im Rahmen der Selbsthilfe leistet der Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. (BPS), info@prostatakrebs-bps.de, www.prostatakrebs-bps.de, gebührenfreie Beratungshotline 0800-7080123
Weiterhin finden Sie hier eine gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Urologie, der Deutschen Krebsgesellschaft und der Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie zur Darstellung des PSA-Wertes in den Medien
PSA-PDF 1 (74 KB)
sowie mit Stellungnahmen der Prostatakrebs-Selbsthilfegruppen
PSA-PDF 2 (52 KB) und PSA-PDF 3 (51 KB)
eine Hilfe zur eigenen Urteilsbildung geben.
Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.